Eltern im Blabla-Modus

BlablaAls ich vor einiger Zeit meinen vierjährigen Sohn von der Kita abholte, gab ich ihm ein Stück Schokolade und fragte seinen Freund, ob der auch ein Stück wollte. Wie sagt man?!, schoss es aus dessen Mutter Mund, bevor der Kleine mir überhaupt antworten konnte.

Manche Eltern mögen es anscheinend, ununterbrochen auf ihre Kinder einzureden, z.B. so:
Sag mal hallo, geh da runter, gib ihm was ab, fass das nicht an, renn nicht so schnell, setz dich hin, heb die Mütze auf, lass sie in Ruhe, gib das zurück, iss das nicht, sowas macht man nicht, sag mal tschüss…

Was ist das? Eine Fernsteuerung? Hebelchen nach rechts: Kind geht nach rechts. Knopf drücken: Kind sagt Danke.

Vielleicht sorgen sich diese Eltern um das Bild, das sie nach außen abgeben. Schämen sich latent für ihre Kinder und halten sie deshalb in der Öffentlichkeit an der verbalen Kinderleine. Wir lassen uns ja alle auf gar keinen Fall in die Kindererziehung reinreden – deshalb müssen wir dafür sorgen, dass uns niemand reinreden kann und will. Ist es das?

Oder geht es um die Versicherung, dass das Kind noch da ist, dass Mutter/Vater da ist, dass man existiert, miteinander verbunden ist? Das wäre dann wie eine verbale Nabelschnur. Manchmal höre ich solche redundanten Wortketten: Hast du Hunger, willst du was essen, willst du ne Banane, sag mal musst du kaka, hast du schon in die Windel gemacht, wollen wir mal deine Windel wechseln, hast du Kaka drin, willst du nicht deine Windel wechseln, na dann halt nicht, oder doch…

Neulich fragte mich ein Vater, ob ich damit einverstanden sei, wenn er zu meinem Sohn jetzt mal ein bisschen strenger wäre. Unsere Jungs spielten gerade miteinander. Ich hatte nichts dagegen, denn ich war neugierig, was er damit meinte. Er meinte: Kommt her ihr zwei, hört mal auf damit, gib ihm doch mal das Spielzeug, nicht hauen, er darf auch mal, nimm die Hand aus dem Mund, jetzt setzt euch ordentlich hin, was hab ich gesagt, so jetzt ist aber Schluss hier…

Man stelle sich mal vor, man sei gerade auf jemanden oder etwas konzentriert (man spielt!) und hinter einem steht eine übermächtige Person, die ununterbrochen auf einen einredet und einem sagt, was man tun soll. Eine Horrorvorstellung für mich.

Was mich auch frustriert, ist, dass ein normales Gespräch wie unter Erwachsenen mit Eltern im Blabla-Zustand oft nicht möglich ist, da sie ja so sehr damit beschäftigt sind, den Redefluss in Richtung ihres Kindes aufrecht zu erhalten. Ich rede von Natur aus nicht sehr viel, aber in solchen Momenten verstumme ich manchmal bis zur Unhöflichkeit.

 

3 Gedanken zu „Eltern im Blabla-Modus

  1. Haha, ein Wunder, dass du dem anderen Kind überhaupt Schokolade geben durftest. 😉

    Ich gebe aber zu: ich nehme mich da nicht aus. Auch ich versuche, dem Kind durch Zusprache etwas zu zeigen, Umgang miteinander z.B. Aber nicht wirklich bei allem, denn oft regeln die Kinder das zusammen. Was aber oft der Fall ist und mich in Zugzwang bringt: die anderen Eltern erwarten, dass man nun auf sein Kind im Spiel einredet, denn gerad hat meines ja die Schaufel geklaut. Buh Buh und dann stehe ich wieder da: „Gib ihm die Schaufel, das macht man nicht“.

  2. Da sagst du was: „Die anderen Eltern erwarten…“ Sie erwarten. Erwarten sie? Erwartest du, daß sie erwarten? Jeder denkt etwas über den anderen und denkt darüber nach, was der andere wohl denkt. Und um auf Nummer sicher zu gehen nehmen wir die Kinder an die Zügel. Damit keiner was denkt, weil er was erwartet hat.

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